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Quelle: www.bayern.de

Regierungserklärung Ministerpräsident Dr. Markus Söder, MdL München vom 20. April 2020

Inhalt

I. Zwischenbilanz im Kampf gegen das Virus

II. Leben mit Corona
   1. Handlungsleitlinien
   2. Fortbestand der Ausgangsbeschränkungen
   3. Einzelhandel
   4. Mundschutzverpflichtung
   5. Friseure, Gastronomie, Hotellerie, Tourismus
   6. Veranstaltungen, Versammlungen und Gottesdienste
   7. Schulen, Kindertagesstätten und Hochschulen
   8. Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime

III. Bayerns Schutzschirme
   1. Gesundheits- und Sozialeinrichtungen
   2. Kultur
   3. Kommunen
   4. Wirtschaft

IV. Dank und Ausblick

 

I. Zwischenbilanz im Kampf gegen das Virus

Corona hält die Welt weiter in Atem.

In anderen Ländern herrschen zum Teil chaotische und dramatische Zustände. Krankensysteme sind fundamental überfordert. Ärzte entscheiden über Leben und Tod wie in Kriegszeiten. Volkswirtschaften brechen zusammen und die Arbeitslosigkeit steigt zum Teil in astronomische Höhen. All das findet in der Welt statt.

Aber zum Glück nicht bei uns. Zum Glück sind wir bisher besser davongekommen. Vieles ist uns erspart geblieben. Bayern und Deutschland sind deutlich besser durch die Krise gekommen als viele, viele andere Regionen und Länder der Welt. Das war aber nicht sicher. Das war auch nicht absehbar.

Ziemlich genau vor einem Monat kamen wir hier zusammen. Ich habe damals eine erste Regierungserklärung zu Corona gegeben. Damals war völlig unklar, ob wir das schaffen. Ich selbst war sehr, sehr besorgt und ich gebe es zu: Ich bin es immer noch.

Aber in den vier Wochen haben wir gemeinsam als Land, als Politi-ker, aber auch als Bürger zusammen viel bewegt.

Zum Vergleich:

  • Damals stiegen die Neuinfektionen täglich um fast 25 %, heute liegen wir im 7-Tagesmittel bei etwas über 2 %. Am heutigen Tag sogar bei 1,0 Prozent.
  • Damals lag die Verdoppelungsrate bei drei Tagen, heute liegt sie bei 34 Tagen.
  • Damals lag der Reproduktionsfaktor bei 6 – das heißt, einer hat sechs angesteckt. Heute liegt er unter 1, bei 0,7.
  • Damals gab es kaum Genesene, stattdessen viele Neuinfektionen. Heute sind es fast doppelt so viele Genesene wie Neuinfektionen.

Wir liegen bei den wesentlichen Kennzahlen zum Teil mittlerweile sogar unter dem Bundesdurchschnitt. Und das, obwohl Bayern aufgrund der Nähe zu Österreich ganz besonders betroffen war, aufgrund der Ferien, der Ferienausflügler.

Unser Gesundheitssystem hat in der gleichen Zeit gut funktioniert. Es hat gehalten.

Zum Beispiel bei den Tests: Seit Beginn der Krise haben wir in Bayern über 370.000 Tests durchgeführt. Wir sind jetzt täglich im Schnitt bei 12.000 Tests. Unser Ziel ist es , diese Zahl auf mehr als 25.000 zu erhöhen.

Schon heute hat Bayern nach Auskunft unseres Landesamtes für Gesundheit umgerechnet auf 100.000 Einwohner eine höhere Testkapazität als Länder wie Österreich, Großbritannien, die Niederlande, Japan und sogar Südkorea.

Unsere Gesundheitsämter haben wir in dieser Zeit personell massiv aufgestockt. Das ist wichtig, um die Nachverfolgung zu erleichtern, um vor Ort aktiv zu sein und um vor allem in einer Phase der Stabilisierung Infektionsketten verfolgen zu können. Kaum ein Bundesland hat bislang so viel gemacht. Wir haben uns von Anfang an sehr bemüht.

4.000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden bei den Gesundheitsämtern eingeteilt, 650 Teams zu je 5 Personen über das ganze Land verteilt. Diese sollen dann insbesondere, wenn die freiwillige App des Bundes kommen sollte, ein relativ engmaschiges Netz der Nachverfolgung etablieren.

Unsere Krankenhäuser haben bislang hervorragend standgehalten. Die Versorgung hat bislang hervorragend funktioniert. Dort, wo besondere Hotspots waren oder die Gefahr bestand, dass zu wenig Betten vorhanden sind, hat das Konzept der Verlegung in andere Häuser auch aufgrund der guten Abstimmung zwischen den Kommunen geklappt.

Wir haben die Intensivbetten mit Beatmungskapazität in der Zwischenzeit um 17 % erhöht. Ziel ist, das kontinuierlich weiter fortzusetzen.

Die Situation ist momentan so stabil, dass wir auch wieder andere OPs zulassen können. Nicht jedes Bett muss freigehalten werden, es gibt gerade jetzt wieder die Möglichkeit, auch andere OPs, die geschoben wurden, durchzuführen.

Wir können in der Not auch noch mehr teilen. Es gab immer wieder den Wunsch, nicht nur italienischen, sondern auch französischen Patienten zu helfen. Das habe ich aufgegriffen. Wir werden weiteren 20 Personen helfen, wenn der Bedarf besteht. In der Not zu helfen, ist ein wichtiges Gebot.

Ich ziehe ein erstes Zwischenfazit:

Die Zahlen und die Situation in den Krankenhäusern zeigen, dass unsere Strategie geholfen hat. Die Tendenz ist verhalten positiv und es gibt tatsächlich Anlass zu Hoffnung.

All das, was wir gemeinschaftlich beschlossen haben, hat funktioniert. Es war aber wichtig, dies konsequent, rechtzeitig und entschlossen zu tun. Ohne diese Strategie und ohne unser Handeln wäre Bayern von Corona überfahren worden. Zeitpunkt und Inhalt unseres Handelns waren richtig.

Für diese Zwischenbilanz danke ich allen hier im Bayerischen Landtag. Wir haben Bayern vor dem Schlimmsten bewahrt.

Danke an alle, die mitgeholfen haben: Dem gesamten Team der Staatsregierung, den Behörden, aber – das ich sage bewusst – auch dem gesamten Landtag, auch der Opposition. Es gab viele gute Ideen, Sie werden es heute noch merken, die ich immer wieder versucht habe, aufzunehmen und zu reflektieren, um gemeinsam etwas zu entwickeln.

Ganz besonderer Dank geht natürlich an unsere Ärzteteams, Pflegerinnen und Pfleger, Rettungsdienste und die Polizei, denn ohne ihren übermenschlichen Einsatz hätten wir in den letzten Wochen erheblich mehr Probleme bekommen.

Wir haben aber nicht nur mit Worten gedankt, wir haben mit dem Pflegebonus von 500 Euro und dem Zurverfügungstellen von Essen und Trinken den Dank auch in Taten zum Ausdruck gebracht. Ich weiß nicht, ob das andere Bundesländer auch so machen.

Nochmal vielen Dank an alle, die in den Kliniken und Einrichtungen so gut mitgeholfen haben!

Neben dem Dank an das medizinische Personal, neben dem Dank an den öffentlichen Dienst geht vor allem auch mein Dank an unsere Bürgerinnen und Bürger! Ohne Ihre Geduld und ohne Ihr Verständnis wäre die Lage eine ganz andere gewesen.

 

II. Leben mit Corona

1. Handlungsleitlinien

Daher mein Dank, aber auch meine Bitte, jetzt nicht nachzulassen. Geduld hat Leben gerettet, Ungeduld kann Leben wieder riskieren.

Wir haben den Stress- und Charaktertest bisher ganz gut bestanden. Aber es ist nicht vorbei. Es ist ein ganz schmaler Grat. Die Entwicklung ist zerbrechlich. Corona ist kein Gewitter, das einmal kommt und dann vorbeizieht. Corona bleibt – leider!

Sie sehen das an anderen Ländern wie Singapur, die ein Auf und Ab durchmachen, obwohl sie eine sehr starke staatliche Struktur haben, ja sogar eine autoritäre. Corona lässt sich nicht so leicht vertreiben. Solange kein Impfstoff, kein Medikament verfügbar ist, ist das einzig substantiell wirksame Konzept: Vorsicht, Distanz und Geduld.

Es wird nicht so schnell wieder ein normales Leben geben, aber ein Leben mit Corona. Und das Leben mit Corona ist anders als das, das wir bislang kennen.

Ich bin dankbar, dass wir keine unkontrollierten, überstürzten Exit-Debatten führen. Andernfalls droht ganz sicher ein Rückfall. Ein Rückfall hätte dann erheblich stärkere Wirkungen als das, was wir zu Beginn diskutiert haben.

Dabei sage ich ausdrücklich: Die Mahnung zur Vorsicht und Umsicht, Maß und Mitte, Besonnenheit walten zu lassen, heißt nicht, dass man dabei blind und stur sein muss.

Man muss sein Konzept jeden Tag überprüfen: ist der Schritt angemessen, ist er verhältnismäßig? Muss er nachjustiert, erweitert oder verändert werden?

Wir hatten von Anfang an alles im Blick. Wir verfolgen einen mehrdimensionalen, einen komplexen Politikansatz: dazu gehört die medizinische, die ökonomische Dimension, aber auch die gesellschaftliche.

Denn die Beschränkungen, die wir erleben, sind substantiellster Art: sie beschränken die Freiheit, das öffentliche, aber auch das soziale Miteinander.

Wir nehmen alles sehr ernst und wir wägen ab. Alles, was wir tun, ist keine Alleinentscheidung von mir oder der Staatsregierung, sondern das geschieht im Kontext von Gesprächen und Beratungen, und es entwickelt sich täglich weiter.

Wir haben ein großartiges Expertenteam aus Virologen, Epidemiologen, Medizinern und Vertretern der Unikliniken, unter Leitung von Frau Professor Protzer, das uns medizinisch berät.

Wir haben eine Monitoring-Gruppe eingesetzt, mit Frau Breit-Keßler an der Spitze, die auch dem Bayerischen Ethikrat vorsteht, sowie zwei erfahrenen ehemalige OLG-Präsidenten aus Nürnberg und Bamberg, die die juristischen Fragen klären.

Wir werden beraten und wir beraten uns.

Wir werden aber auch geprüft: Unzählige Bürgerinnen und Bürger haben vor Gericht beantragt, die Rechtmäßigkeit der Maßnahmen zu überprüfen. Bislang haben alle obersten Gerichte – das Bundesverfassungsgericht, der Bayerische Verfassungsgerichtshof, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof – die Rechtmäßigkeit und Verfassungsmäßigkeit unseres Handelns bestätigt.

Ich sage aber auch ausdrücklich: Auch, wenn alles verfassungsgemäß ist, stellt sich natürlich die Frage: Muss das ein Dauerzustand sein? Gibt es nicht Veränderungen?

Ich verstehe jeden, nicht nur im Parlament, sondern die Bürgerinnen und Bürgern, die Schülerinnen und Schüler, die Kindern und die Erwachsenen, die so schnell wie möglich wieder Normalität möchten.

Ich selbst möchte so viel Freiheit wie möglich, aber eben auch so viel Sicherheit wie notwendig. Mein Amtseid gebietet, die Bayern zu schützen. Ihn werde ich auch weiter konsequent erfüllen.

Unser Corona-Fahrplan ist deswegen jetzt überprüft, angemessen und verhältnismäßig gewogen, aber auch auf seine Wirksamkeit getestet.

Wie geht es jetzt weiter in den nächsten Wochen?

Der Zwischenstand ist verhalten positiv. Jetzt einfach so weiter zu machen, wäre, glaube ich, nicht die richtige Konsequenz. Wir müssen uns langsam weiterentwickeln.

Unsere Philosophie heißt: Fortsetzen mit Erleichterungen. Erleichtern mit Schutz. Auf Sicht fahren und die Vorsorge weiter ausbauen.

Bayern war und ist vorsichtiger als andere Bundesländer, ja. Wir haben früher gehandelt und gehen auch zeitversetzt in entsprechende Veränderungen hinein.

Wir erleichtern in Stufen, aber eben nicht so schnell und überstürzt wie der eine oder andere. Wir kontrollieren die Zahlen, wir beobachten das Geschehen und wir reagieren entsprechend – je nachdem, wie sich die Zahlen und die Situation entwickeln.

Und ich sage Ihnen: Das müssen wir auch tun, denn es geht nicht nur um Infektionen, es geht auch um Todesfälle, jeden Tag mehr. Corona bleibt tödlich. Wir haben eine hohe Zahl von Todesfällen. Und ich glaube, Ihnen geht es wie mir: Jeder einzelne schmerzt.

Achtung und Vorsicht ist das Konzept für die Zukunft. Wir sind übrigens mit der vorsichtigen Haltung in Deutschland nicht allein. Es gibt andere Bundesländer, und davor habe ich Respekt, die am Anfang ein niedriges Infektionsgeschehen hatten und die sagen: Wir können stärker öffnen.

Wir, gerade im Süden in Deutschland, denken ähnlich. Ich werde mich diese Woche noch mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten – mit Distanz – in Ulm treffen, um die gemeinsame Entwicklung zu beraten. Bayern und Baden-Württemberg werden ganz eng, Seite an Seite gehen und eins zu eins handeln, da wir eine ähnliche Entwicklung haben. Und ich glaube, in diesen Zeiten ist Zusammenarbeit notwendig.

 

2. Fortbestand der Ausgangsbeschränkungen

Wie ist der Fahrplan im einzelnen?

Ab heute bis 4. Mai gilt, dass die Ausgangsbeschränkung verlängert wird. Das heißt: das Distanzgebot bleibt. Es gibt keine Lockerung des Distanzgebots. Bitte keine Gruppenbildung! Es ist weiter gültig. Dies ist die mit Abstand wirksamste Maßnahme. Ausgangsbeschränkung oder Kontaktsperre – Abstand halten ist das Wichtigste.

Wir ergänzen jedoch – ich glaube, das ist jetzt angemessen – , dass wir den Kontakt mit einer Person wie in anderen Bundesländern, auch erlauben. Das war auch ein Wunsch, der an mich vielfach herangetragen wurde.

 

3. Einzelhandel

Bei den Geschäften machen wir keinen überstürzten Kaltstart. Dies muss klug vorbereitet sein.

Ja, Erleichterungen sind sinnvoll, auch aus ökonomischer Sicht. Aber wir brauchen Schutz, wir brauchen Hygienekonzepte, und auch da kommt es darauf an, den Abstand zu sichern.

Heute ist der erste Schritt für diese Woche. Bau-, Gartenmärkte und Gärtnereien – wir sind das letzte Bundesland, das diese jetzt öffnet; in anderen Bundesländern waren sie schon geöffnet – das ist sozusagen die erste Vorlaufphase für diese Woche.

Erst ab nächster Woche – anders als bei anderen – kommen dann Auto- und Fahrradhandel, Buchhandlungen ohne Quadratmeterbeschränkung sowie alle anderen Geschäfte bis 800 Quadratmeter. Nur, damit sich keiner täuscht. Dies bedeutet, dass fast 80 Prozent des Handels wieder geöffnet werden.

Viele fragen nach den 800 Quadratmetern. Ich bin ganz ehrlich: mir ist das fast zu viel. Wir müssen es sehr sorgfältig beobachten.

Es war ein Kompromiss zwischen den Ländern, und es gibt auch eine baurechtliche Begründung. Es ist der Unterschied zwischen Einzel- und Großhandel.

Aber der entscheidende Ansatz ist ein anderer: Wir müssen versuchen, Massenandrang und Massenansturm in den Städten zu verhindern, sodass dann außerhalb der Geschäfte eine substanzielle, geordnete Entwicklung und Kontrolle nicht mehr möglich wäre.

Wir werden hierzu auch die Entwicklung in anderen Ländern beobachten. Ich befürchte: Wenn wir an der Stelle überstürzt handeln und ungeduldig reagieren, kann es zu erheblichen Auswirkungen auf die Gesundheit führen.

Ich sage ganz offen: Wir beobachten jetzt zusammen mit dem Bund die Entwicklung in den nächsten zwei, drei Wochen. Und wenn sich die Zahlen stabilisieren, wenn die Entwicklung positiv ist, dann geht sicherlich mehr. Sollten sich die Zahlen aber wieder deutlich verschlechtern, dann kann es auch sein, dass wir anders entscheiden müssen.

Meine Empfehlung lautet: Lieber langsamer und vorsichtiger und dafür nachhaltiger. Ein ständiges Stop-and-Go führt nicht dazu, dass die Bevölkerung mitgehen wird. Erleichterungen ja, aber mit Auflagen.

 

4. Mundschutzverpflichtung

Es braucht Hygiene- und Schutzkonzepte für alle Geschäfte – nicht nur für die neu zu öffnenden – und für den gesamten ÖPNV. Denn wenn wir die Möglichkeiten der sozialen Kontakte erhöhen, ist in bestimmten Bereichen die Distanz schwerer zu wahren. Deshalb muss dies geordnet werden.

Wir haben mit den Ministerpräsidenten letzte Woche beraten, wie dies geschehen soll. Es gab sehr unterschiedliche Auffassungen. Mit einigen Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten war ich von Anfang an der Überzeugung, dass Mund-Nasen-Schutz eine zentrale Rolle spielt. Ich hatte mich damals bereits für eine Verpflichtung ausgesprochen. Es gab lange Diskussionen und das Ergebnis war ein Kompromiss und die dringende Empfehlung.

Wir haben viele Gespräche mit der Bevölkerung geführt aber auch mit unseren Experten, die uns beraten, etwa Prof. Protzer und Prof. Hoelscher. Auch aus Parlament und Bevölkerung gab es unterschiedliche Stimmen. Deswegen haben wir entschieden: Wenn es Erleichterungen gibt, dann nur, indem wir diese konsequent mit Schutz begleiten.

Appelle allein genügen aber nicht. Das bedeutet: In dieser Woche gibt es ein freiwilliges Maskengebot, damit sich alle darauf einstellen können.

Ab nächster Woche – mit Eröffnung der Geschäfte und der schrittweisen Schulöffnung – werden wir auch im ÖPNV eine andere Situation haben. Hier brauchen wir aber eine gute Schutzwirkung.

Deswegen werden wir ab nächster Woche eine Mund-Nasen-Schutz-Verpflichtung einführen. Dies gilt für den gesamten ÖPNV und für alle Geschäfte, auch solche, die bislang schon öffnen durften.

Bayern ist damit das erste westdeutsche Bundesland, das eine solche Maskenpflicht hat. Mund-Nasen-Schutz bedeutet auch, dass Alltagsmasken oder auch Communitymasken zulässig sind. Auch ein Schal ist ausreichend. Wichtig ist, dass die Maske über Mund und Nase getragen wird und regelmäßig desinfiziert und gereinigt wird.

Sofern kommunal gewünscht, kann eine solche Verpflichtung auch schon diese Woche für Hotspots angeordnet werden.

Andes als Communitymasken sind medizinische Masken ausschließlich dem medizinischen Bereich vorbehalten z.B. für Praxen, Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheimen sowie Behinderteneinrichtungen.

Während Textilmasken schnell und leicht verfügbar sind, ist dies bei medizinischen Masken deutlich anders. Vor vier Wochen gab es hier  noch extreme Engpässe. Die Lage hat sich mittlerweile etwas stabilisert, aber nicht komplett entspannt. Der Staat muss prioritär dafür sorgen, dass in diesen Bereichen die Versorgung funktioniert.

Der Bund hat diesbezüglich sein Konzept deutlich überarbeitet. In Bayern haben wir Einkauf und Lagerung zentralisiert, professionalisiert und auf den internationalen Märkten die besten Einkäufer eingesetzt, ergänzt durch Profis aus Messe und Flughäfen, die schon lange auf den asiatischen Märkten unterwegs sind. Auch die Eigenproduktion wurde in Bayern angekurbelt und erfolgreich vorangebracht. Wir haben bei medizinischen Masken zwar noch einige Engpässe, dies wird aber von Woche zu Woche immer besser.

 

5. Friseure, Gastronomie, Hotellerie, Tourismus

Ab 4. Mai dürfen Friseure und Fußpflege wieder öffnen mit Masken- und Abstandspflicht. Das Friseurhandwerk hat hierzu eine Reihe von hervorragenden Vorschlägen gemacht.

Kaufhäuser, Shoppingmalls bleiben vorerst zu, das gilt übrigens auch für den ganzen Bereich Gastronomie, Hotellerie, Tourismus.

Ich weiß, das ist schmerzlich, schmerzlich für die, die gern mal wieder Essen gehen würden, sich dort mit Freunden treffen würden, aber auch für die Branche selbst. Kaum eine Branche ist so stark betroffen wie dieser ganze Bereich. Wir verstehen das.

Man muss auch hier sagen: es gibt eine Reihe von tollen Beispielen, wie sich Lieferservice und to go entwickelt haben.

Eines ist ganz klar, der Bereich der Gastronomie war leider Ausgangspunkt der Infektion.

Ob es der Après-Ski in Ischgl war, ob es der Karneval war oder einige Starkbierfeste: es waren einfach die Drehscheiben für Viren. Deswegen ist das der Bereich, wo man mit Abstand am zurückhaltendsten sein muss.

Andere gängige Schutzkonzepte sind in der Gastronomie schwerer umzusetzen. Mundschutz macht beim Essen relativ wenig Sinn. Abstand halten ist zumindest dort, wo es um Alkohol geht mit der Dauer der Zeit immer schwierig.

Deswegen: Zurückhaltung. Ich selbst hoffe, dass wir bis Pfingsten deutlich bessere Signale aussenden können. Das ist allerdings nur eine Hoffnung, kein fester Fahrplan.

Jeder, der heute einen Fahrplan verspricht, und meint ein Datum setzen zu können, unabhängig von Infektionsgeschehen, setzt sich dem Vorwurf aus, dass er nicht den gesamten Ansatz, die Dramatik verstanden hat.

Aber wir helfen der Gastronomie auf die Beine. Neben den Programmen in der Wirtschaft, zu denen ich gleich noch kommen werde, setzen wir uns auf Bundesebene gemeinsam dafür ein, dass die Mehrwertsteuer, eine wirklich wichtige Forderung der Gastronomie, auf 7% gesenkt wird.

Allein für Bayern würde es ein Mehr an Geld von 250 Mio. Euro bringen.

Dies ist wichtig, um dann in der zweiten Jahreshälfte aufzuholen und durchzustarten und viel, was verlorengegangen ist, wieder hereinzu-holen.

 

6. Veranstaltungen, Versammlungen und Gottesdienste

Großveranstaltungen, da waren sich alle Länder einig, sind bis 31. August nicht erlaubt. Veranstaltungen bis auf weiteres ohnehin nicht.

Über das Oktoberfest werde ich mit dem Münchner Oberbürgermeister reden. Wir beide haben eine ähnliche Einschätzung und sind sehr skeptisch, ob ein Fest in dieser Größe, mit der Internationalität, unter den Bedingungen überhaupt Sinn macht.

Es gibt aber eine Form von Veranstaltungen, die besonders sensibel zu handhaben ist. Das sind die im Grundgesetz geschützten Bereiche: Gottesdienste jeder Art, aber auch der Bereich der Versammlungsfreiheit.

Zunächst ein Wort zu Gottesdiensten: Es war für viele sehr schmerzlich, an Ostern keinen Gottesdienst zu erleben. Trotzdem mein Dank und Kompliment an die Kirchen und Glaubensgemeinschaften, was alles an Gottesdiensten digital angeboten war. Ich gebe zu, ich habe an Ostern mehr Gottesdienste digital verfolgt als ich es sonst in einer Präsenzveranstaltung getan hätte. Einige fand ich besonders bewegend. Trotzdem ist es kein Dauerzustand.

Wir sind uns auf Bundesebene, aber auch in Bayern einig, dass wir in den nächsten Tagen weitere Gespräche mit den Glaubensgemeinschaften führen. Ich kann mir vorstellen, dass eine Öffnung ab dem 3. Mai mit Auflagen möglich ist.

Dazu gehören: Mehrere Gottesdienste, Begrenzungen in den Kirchen und Hygienekonzepte. Die Kirchen arbeiten selbst sehr intensiv daran, wir sind da in sehr sehr guten Gesprächen.

Nicht nur die Kirchen, auch andere Glaubensgemeinschaften, jüdische, aber auch muslimische, werden natürlich in diese Gespräche mit einbezogen. Wir brauchen auch für den Ramadan eine verantwortungsvolle Lösung. Mein Dank geht nicht nur an die Kirchen, auch die muslimischen Gemeinschaften haben sich großartig in den Prozess integriert.

Gottesdienste betreffen die Religionsfreiheit, Demonstrationen die Versammlungsfreiheit. Dies sind zwei grundrechtlich besonders geschützte Bereiche. Die Verfassungsgerichte haben uns aufgegeben, genau für diese Bereiche besondere Perspektiven zu entwickeln. Wir tun das. Ich habe den Innenminister gebeten, noch in dieser Woche gemeinsam mit der Monitoringgruppe einen Vorschlag zu entwickeln, der nicht nur für den Einzelfall, sondern für die nächsten Wochen generell Strukturen vorgibt. Denkbar sind etwa 20 Personen im Einzel-fall, wir sind hier aber offen für weitere Gespräche.

Es ist wichtig, hier schnell zu einem belastbaren und nachvollziehbaren Konzept zu kommen. Denn eines ist klar: Grundrechte gelten auch in schweren Zeiten.

 

7. Schulen, Kindertagesstätten und Hochschulen

Schulen und Kitas sind besonders wichtig. Über zwei Millionen Kinder und Jugendliche sind hiervon in Bayern betroffen.

Mein Dank gilt den Eltern, den Kindern und Jugendlichen, Lehrern und Erziehern. Gemeinsam ist es bislang gut gelungen, die schwierige Zeit zu überbrücken. Auch in den meisten Familien haben die meisten gut durchgehalten, nicht nur beruflich, sondern auch im Miteinander. In vielen Familien war dies vielleicht leichter, in manchen aber sicherlich eine echte Belastungsprobe.

Ich bin mir mit dem Kultusminister einig: Das war bisher kein normales Schuljahr. Und sind wir ehrlich: dies wird auch kein normales Schuljahr mehr werden.

Es war aber richtig, die Schulen zu schließen. Wir haben den Rückgang der Infektionen deutlich feststellen können und zwar genau versetzt in Schritten von zwei Wochen. Es war deutlich erkennbar, wann die Schulschließungen und wann die Schließung der Kitas stattgefunden haben. Das war unmittelbar wirksam und man konnte dies täglich ablesen.

Deshalb sind wir beim Thema Schulen besonders vorsichtig.

Wir sind uns einig: Ältere zuerst. Es muss zeitversetzte Unterrichtskonzepte geben und strenge Hygienemaßnahmen, auch zum Schutz der Lehrer, bei denen viele zu einer Risikogruppe gehören.

Für dieses und nächstes Jahr wird es zu eine Anpassung der Lehrpläne kommen. Und wir müssen die Notfallbetreuung deutlich ausweiten.

Wir wollen aber nicht überstürzt vorgehen. Wir wollen die kommenden Schritte im Miteinander und im Gespräch mit Schülern und Eltern gehen.

So sollen ab 27. April die Prüfungsvorbereitungen für Abitur, Mittlere Reife, Quali, BOS, FOS und für die Meisterklassen beginnen. Keiner soll daran gehindert sein, seinen Abschluss zu machen. Denn der Schulabschluss gilt nicht nur für dieses Jahr, sondern für das gesamte Leben.

Deshalb hat der Kultusminister nach Gesprächen mit dem Landesschülerrat, Schuldirektoren und Lehrerverbänden klargemacht, dass wir Ansätze wie zum Beispiel ein Not-Abitur oder ein DurchschnittsAbitur ablehnen. Wir bleiben beim Abiturtermin mit Start am 20. Mai. Es wird aber keine weiteren Klausuren im Vorfeld geben, so dass es genügend Vorlauf gibt.

Ab 11. Mai werden wir dann mit der nächsten Stufe beginnen. Dies betrifft abschlussvorbereitende Klassen, wie etwa die elfte Klasse am Gymnasium, die neunte Klasse an der Realschule oder die achte Klasse an der Mittelschule und eventuell auch die vierte Klasse an den Grundschulen, das hängt noch von weiteren Gesprächen ab.

Auch hier wird es um zeitversetzten Unterricht, Halbierung der Klassenverbände, besondere Pausenorganisation, Anpassung des ÖPNV und eventuell Beschränkung auf Kernfächer gehen. Die Kultusministerkonferenz wird hierzu bis zum 29. April einen Vorschlag machen.

Grundschulen und Kitas bleiben vorläufig geschlossen, da bei den Kleinsten Abstandhalten und Hygiene schwierig sind.

Die Kultusministerkonferenz wird zusätzlich noch Vorschläge zu Fragen unterbreiten, die alle betreffen, wie etwa die Ferien. Vorschlägen zur Verkürzung der Ferien stehen wir aber bislang sehr zurückhaltend gegenüber. Der Schul-Rhythmus sollte nicht vollständig aufgegeben werden. Offen stehen wir aber Vorschlägen entgegen, etwa in den Sommerferien Sonderformen der Betreuung anzubieten. Dies könnte Eltern zugute kommen, deren Urlaub durch die Sondersituation in diesen Wochen eventuell bereits aufgebraucht ist.

Hinsichtlich Versetzung und Vorrücken gilt: Niemand soll wegen Corona sitzen bleiben. Hinsichtlich Versetzungen auf Probe werden wir daher großzügig sein, ein freiwilliges Nichtversetzen sollte im Einzelfall nicht angerechnet werden können.

In jedem Fall wollen wir Eltern über die Notfallbetreuung helfen.

Viele Eltern stehen inzwischen vor der Schwierigkeit, Betreuung zu organisieren, weil Home-Office-Möglichkeiten auslaufen oder Urlaub aufgebraucht ist. Deshalb weiten wir die Notfallbetreuung aus.

Die Sozialministerin wird hierfür noch in dieser Woche gemeinsam mit den Trägern ein Konzept erstellen. Dies betrifft systemrelevante Berufe, alleinerziehende Eltern und andere Fälle, in denen keine andere Möglichkeit der Betreuung besteht.

Bislang wurden fast 60 % der angebotenen Plätze in der Notfallbetreuung nicht genutzt. Hier bestehen noch deutliche Kapazitäten.

Zu einem weiteren Punkt darf ich heute eine konkrete Lösung ankündigen: Viele Einrichtungen in der Betreuung sind geschlossen, müssen aber die Erzieherinnen und Erzieher weiter beschäftigen. Zugleich müssen viele Eltern noch Beiträge zahlen. Auch an mich persönlich sind viele Anfragen hierzu herangetragen worden. Wir brauchen hierzu eine Lösung.

Ich bin der Überzeugung: Eine Einrichtungsschließung, die von Seiten des Staates angeordnet wird, darf nicht finanziell zu Lasten der Eltern gehen. Wir wollen daher die Eltern von den Kinderbetreuungsgebühren entlasten. Der Freistaat wird hier für die Dauer von drei Monaten einspringen. Dies ist ein faires Signal an unsere Eltern in schwierigen Zeiten!

Insgesamt gilt: Wir wollen nach Möglichkeit noch in diesem Schuljahr Unterricht und reguläre Betreuung haben. Wie und wann hängt aber noch von den weiteren Entwicklungen ab.

Bei den Hochschulen ist das etwas einfacher. Das digitale Semester läuft ab heute und wird auch gut funktionieren. Präsenzprüfungen, so haben sich alle verständigt, werden unter Hygienemaßnahmen stattfinden. Das heißt: dies wird kein verlorenes Semester für die bayerischen Studentinnen und Studenten sein.

 

8. Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime

Den geringsten Spielraum gibt es bei Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen. Sie bereiten mit Abstand die größte Sorge. Das sieht man übrigens auch an der Zahl der Todesfälle. Hier ist leider in den entsprechenden Alterskohorten der größte Anteil zu verzeichnen. Diesen Einrichtungen müssen wir uns daher besonders widmen.

Ich habe in den letzten Wochen viele Videokonferenzen und Gespräche geführt, ich habe mich auch in einzelnen Krankenhäusern, die besonders betroffen waren, direkt erkundigt, wie wir helfen können – übrigens auch in sehr stark betroffenen Altersheimen.

Daraufhin konnten wir in jedem einzelnen Fall auch Veränderungen erreichen: mehr Material natürlich, mehr Test, auch Serientests, die wir für das Personal machen müssen und Unterstützung bei Hygienekonzepten.

Ich sage aber ausdrücklich, dass es dabei nicht nur um die medizinische Qualität geht. Es geht hier auch um die ethische Fragen. Humanität steht ganz besonders im Vordergrund.

Deswegen ist es für uns ganz besonders wichtig, dass wir Sterbebegleitung durch Angehörige erlauben. Abschiednehmen ist wichtig. Und ich finde, niemand sollte in Bayern alleine sterben – wegen Corona oder vielleicht mit Corona.

 

III. Bayerns Schutzschirme

Es sind aber nicht nur diese Einrichtungen betroffen. Wir lassen auch die anderen Einrichtungen nicht im Regen stehen. Ich werde dem Kabinett morgen vorschlagen – und die Koalition hat gestern bereits darüber beraten und ist sich einig – einen Topf von 500 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, um Härten in bestimmten Einrichtungen, denen nicht über Soforthilfe geholfen werden kann, abzufedern.

1. Gesundheits- und Sozialeinrichtungen

Dazu gehören die bereits erwähnten Kitagebühren. Dazu gehört aber auch die Hilfe für Rehakliniken. Sie haben viele Betten zur Verfügung gestellt.

Wir haben als Staatsregierung bereits erreicht, dass auf Bundesebene ein Ausgleich stattfindet, aber wir legen nochmal eins drauf: 50 Euro pro Bett und Tag.

Sollten die Eltern-Kind-Einrichtungen nicht wie geplant vom Bund ausgeglichen werden, werden wir auch hier in ähnlicher Form als Freistaat Bayern einspringen. Denn wir wollen die Hilfsbereitschaft, die da war, nicht ohne Unterstützung des Freistaats Bayern lassen. Gleiches gilt für Privatklinken.

Und was mir noch besonders wichtig ist: Viele unserer kommunalen Krankenhäuser haben in den letzten Monaten Großes geleistet. Ich möchte daher, dass wir auch einen Bonus für die besonders belasteten Krankenhäuser vorsehen, die in den letzten Wochen rund um die Uhr gearbeitet haben und Unterstützung brauchen.

Auch für Jugendherbergen, Schullandheime, Sozialeinrichtungen, Familienberatungen und Studentenwerke reichen die bisherigen Hilfsmaßnahmen nicht. Wir ergänzen sie daher und leisten großzügige Unterstützung.

Wir wollen nicht, dass diese wichtigen Einrichtungen in den nächsten Monaten schließen müssen. Gerade sie werden eine wichtige Rolle spielen beim Wiedervermitteln von Zukunft und Hoffnung.

Das Gleiche gilt übrigens für Sportvereine und Sportstätten. Nach Rücksprache mit dem BLSV haben wir entschieden, die Vereinspauschale zu verdoppeln, um Einnahmeausfälle und Unterstützung auch für den Sport zu leisten.

 

2. Kultur

Und was auch ganz wichtig ist, ist Hilfe für Kultur.

Wir haben bislang schon darauf geachtet, kulturelle Einrichtungen zu unterstützen. Mit Soforthilfen, Not- und Kreditprogrammen Einnahmeausfälle auszugleichen, kann vielen Einrichtungen helfen. Auch Musikschulen werden von uns weiter unterstützt.

Aber es gibt eine Gruppe, die bislang durch jedes Raster fällt: die Künstler.

Wir haben 30.000 Solokünstler in Bayern, die in die entsprechende Sozialkasse einzahlen. Das sind Künstler, Musiker, Schauspieler, Kabarettisten. Nicht alle bekommen die besten Fernsehhonorare. Viele haben das Problem, dass ihre gesamten Honorare ausfallen werden – ohne Ersatz. Ich finde es nicht richtig, nur Hartz IV als Alternative anzubieten. Das ist auch eines Kulturstaates wie dem Freistaat Bayern nicht angemessen. Wir haben uns nochmal umgesehen, was andere machen und wir schließen uns hier dem Konzept von Baden-Württemberg an: Künstler erhalten für die nächsten drei Monate 1.000 Euro pro Monat als Unterstützung. Das entspricht rund 100 Millionen Euro.

Bayern ist Kulturstaat. Wir wollen die Kunstszene und die Künstlerin-nen und Künstler nicht allein lassen.

 

3. Kommunen

Auch den Kommunen stehen wir zur Seite. Der Freistaat kann zwar nicht deren Steuerausfälle ersetzen, denn wir haben selbst Steuerausfälle. Aber wir helfen:

Die Angebote im sozialen Bereich habe ich bereits erläutert; wir erhöhen daneben die Liquidität. Der Finanzminister wird den kommunalen Finanzausgleich in der Auszahlung so vorziehen, dass bereits eine Milliarde sehr schnell den Kommunen zur Verfügung stehen wird. Wir erlauben kurzfristige Kassenkredite.

Und wir werden zeitnah mit den Kommunen über die weitere Entwicklung sprechen.

 

4. Wirtschaft

Neben der Gesundheit trifft es natürlich, vielleicht am schlimmsten, die gesamte Ökonomie und Wirtschaft:

Experten rechnen nicht nur in Deutschland mit einem dramatischen Einbruch des Wachstums. Dies wird Folgen haben: Insolvenzen, Arbeitslosigkeit. Bayern als Exportland ist besonders betroffen, selbst wenn wir alles wieder hochfahren.

Solange die internationalen Märkte geschlossen sind, beispielsweise die USA, solange Lieferketten für unsere Automobilindustrie nicht funktionieren, so lange leidet unsere Wirtschaft.

Das ist eine Mammutaufgabe. Es geht um Wirtschaft, es geht um Arbeitsplätze, es geht um unseren gesamten Wohlstand. Jeder, der heute sagt, er könne garantieren, dass alles auf dem jetzigen Niveau bleibt, ist bestenfalls ein hoffnungsloser Optimist.

Auch hier agieren wir nicht im Blindflug: Wir haben uns mit dem Bund abgestimmt. Zum ersten Mal war ein SPD-Bundesfinanzminister im Bayerischen Kabinett und es gab nahtlose Übereinstimmung. Zwischen Bund und Land gibt es eine klar abgestimmte Strategie.

Wir haben Gespräche mit den Kammern geführt: IHK, HWK und der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Auch mit den Gewerkschaften, mit ihnen haben wir eine Gemeinsame Erklärung verabschiedet.

Wir beraten uns mit unseren besten Wissenschaftlern, dem ifo-Institut, und unseren global playern BMW, Allianz und Siemens, um nicht nur die regionalen, sondern auch die internationalen Auswirkungen zu erfassen und entsprechende Strategien zu entwickeln.

Ich möchte jeden darauf einstimmen: Es wird eine härtere Zeit als die meisten denken. Es ist schlimmer als die Finanzkrise. Es geht um viel mehr als die meisten glauben.

Dankenswerterweise hat Deutschland das Instrument der Kurzarbeit. Gäbe es die Kurzarbeit nicht, hätten wir ähnliche Arbeitslosenzahlen wie andere Länder. Deswegen müssen wir das Konzept der Kurzarbeit weiterentwickeln.

Ich wiederhole: Wir haben nicht nur alles im Blick, sondern wir tun, was notwendig ist. „Whatever it takes“ gilt für den Freistaat Bayern wirklich. Wir denken groß.

Wir haben zwei Zeitachsen: jetzt durchhalten, dann durchstarten. Durchstarten heißt aber für mich nicht: zurückdrehen.

Ich empfehle uns dringend, diese Krise auch für die Ökonomie als Chance zu nutzen. Wir sollten nicht einfach einen Reset-Knopf drücken, sondern sogar beschleunigt neue Wege gehen.

Wer zum Beispiel sagt, wir brauchen keinen Klimaschutz mehr, wir brauchen nur noch das klassische Wachstum um jeden Preis, wird bald erkennen, dass es in dieser globalisiert veränderten Wirtschaft so nicht einfach zu machen ist.

Ich halte das im Übrigen schon deswegen für falsch, weil die Grundwasserspeicher in Bayern schon jetzt zeigen, dass es zu wenig regnet. Das ist auch in diesem Jahr wieder eine Herausforderung.

Wir müssen lernen – und das ist die größte Herausforderung – ein Problem nicht nur isoliert zu sehen, sondern die Problemlagen vernetzt zu denken. Wir brauchen eine Konzeption, die für die unterschiedlichsten Themenfelder eine vernünftige Antwort bietet.

Daher braucht es eine kluge Strategie. Wir brauchen mehr nationale Souveränität bei bestimmten Notfallgütern, beispielsweise der Medizin.

Wir brauchen eine Fortsetzung der Digitalisierung, wir haben gemerkt, wie hilfreich sie ist. Deswegen soll die Hightech Agenda sogar beschleunigt fortgesetzt werden.

Und wir brauchen mehr Nachhaltigkeit, deswegen ist es wichtig, in Bereichen von Forschung, von Energie, von Klimaschutz zu beschleunigen.

Deswegen bin ich auch der Meinung, dass wir beim Automobil nicht nur eine Abwrackprämie brauchen, sondern eine Innovationsprämie, um den neuen Antrieben zu einer besseren Marktdurchdringung zu verhelfen.

Wir wollen alles tun, was der Rettung der Wirtschaft, der Rettung der Arbeitsplätze und dem Erhalt unseres Wohlstands dient. Deswegen legt der Freistaat Bayern den größten Schutzschirm seiner Geschichte mit insgesam 60 Milliarden Euro auf. Das ist ein Jahresetat des Haushalts. Das ist eine Riesensumme.

Warum können wir das überhaupt? Weil wir gut vorgesorgt haben. Weil wir keine neuen Schulden gemacht haben, alte zurückbezahlt haben, übrigens auch noch hohe Rücklagen und deswegen eine hohe Bonität haben.

Der Wirtschafts- und der Finanzminister haben Konzepte entwickelt, die uns helfen, durch diese Krise zu kommen.

Steuerstundungen und die Rückzahlung von Vorauszahlungen – nur um die Dimension zu vermitteln: Bislang sind 154.000 Anträge über eine Summe von 3,4 Milliarden Euro eingegangen. Diese fehlen dann als Einnahme. Daraus ergeben sich dann auch die Summen, die wir brauchen. Es geht nicht nur um das, was wir ausgeben, es geht auch um das, was uns an Einnahmen fehlt.

Wir haben die bayerische Soforthilfe aufgelegt. Das heißt: Betriebe, je nach Größe, insbesondere der Mittelstand, können bis zu 50.000 Euro Soforthilfe bekommen. Wir haben die Zielgruppen erweitert, auf die Landwirtschaft, Vereine, Stiftungen und gemeinnützige GmbHs, um so viele wie möglich in die Hilfsprogramme zu bekommen. Bislang sind 400.000 Anträge über ein Volumen von über zwei Milliarden Euro eingegangen; es sind bislang schon 700 Millionen ausgezahlt. Es ist wichtig, das erst nach Prüfung auszuzahlen, aber es muss noch schneller werden. Wir arbeiten daran.

Neben Soforthilfen, also dem direkten Geld, sind natürlich Kredite entscheidend. Wir haben das gesamte Kreditvolumen ausgeweitet und auf neue Beine gestellt.

Im Mittelpunkt steht dabei die LfA. Sie ist die zentrale Gelenkachse für Liquidität. Wir haben mehrere Bankengespräche geführt. Denn wichtig ist vor allem, Hausbank und Förderbank in eine Linie zu bringen.

Die LfA hat einen Corona-Kredit entwickelt, der – statt wie bislang bis zu 5 – bis zu 30 Millionen Euro umfassen kann und – statt wie bislang bis zu 5 Jahre – auf hoffentlich 10 Jahre getilgt werden kann.

Der gesamte Bürgschaftsrahmen, der bislang 100 Mio. Euro betrug, ist auf 12 Mrd. Euro erweitert worden. Wir ergänzen das noch. Der-zeit sind wir das einzige Bundesland, das für kleinere Betriebe von 0 bis 10 Beschäftigten eine 100 % Absicherung durch die LfA bis zu 100.000 Euro geschaffen hat. Dies könnte gerade im Bereich der Gastronomie und in anderen kleineren Betrieben eine echte und nachhaltige Überbrückungshilfe sein. Viele können damit in diesen schwirigen Zeiten überleben und müssen keine Insolvenz anmelden.

Schließlich gibt es den BayernFonds, über den hier heute und in den nächsten Tagen beraten wird. Der BayernFonds kommt als Eigenkapitalersatz zum Zuge und wurde von der Struktur her komplett parallel zum Bund entwickelt. Dies ist wichtig, um von der Europäischen Union die Genehmigung zu erhalten.

Denn in Europa und in anderen Partnerländern wird genau verfolgt, was wir machen und wie wir uns aufstellen. Es herrscht dort bereits die Sorge, dass wir stärker als andere aus der Krise herauskommen. Deswegen müssen wir auch immer im Einklang mit unseren Nachbarn solche Hilfen organiseren.

Der BayernFonds gewährt keinen Kredit, sondern liefert Eigenkapitalersatz. Der Freistaat wird auf eine bestimmte Zeit Teilhaber in systemrelevanten Unternehmen, um diese vor Übernahme und Ausverkauf zu schützen. Die Grundkonzeption kommt vom Bund. Das ganze wird ergänzt durch ein parlamentarisches Begleitgremium.

Zusammenfassend ist dies das stärkste Wirtschafts- und Finanzprogramm des Freistaats seit dem 2. Weltkrieg.

 

IV. Dank und Ausblick

Corona bleibt, Corona schläft nicht. Wir aber auch nicht!

Ich habe im Landtag vor vier Wochen versprochen, dass wir zu 100 Prozent fokussiert sind. Dieses Versprechen halten wir.

Wir können jetzt nach vier Wochen Bilanz sagen: Das Schlimmste haben wir hoffentlich überstanden. Aber wird sind nicht durch. Wir müssen weiter wachsam bleiben. Es gibt keinen Anlaß zu Leichtsinn oder Schludrigkeit.

Ich verstehe alle, die schneller sein wollen. Das ist menschlich und sogar gar nicht unsympatisch. Ich bitte aber um Verständnis, dass wir, die wir die Gesamtverantwortung tragen, den gesamten Überblick über die Entwicklung behalten müssen.

Wir müssen einen Weg finden, alles zusammen zu bringen: Freiheit und Sicherheit. Wir müssen das organisieren und dürfen uns weder zum Lobbyisten der einen oder anderen Seite machen.

Wir wollen die nächsten Etappen besonnen angehen mit Hoffnung aber auch mit Sorgsamkeit, mit Umsicht und mit Geduld. In der Ruhe liegt die Kraft.

Das war sicherlich nicht der Politikansatz, den ich als junger Mann oder junger Finanzminister zu meiner Kernphilosophie erklärt habe. Aber ich kann nur sagen: Jetzt hilft dieses Motto.

Ruhe und Geduld helfen und bringen uns weiter.

Wir haben gemeinsam, und das sage ich ausdrücklich an den Landtag, Bayern bislang gut beschützt. Wir wollen das auch weiter tun.

Ich bleibe dabei: Ich bin dankbar für jeden Vorschlag, der an mich herangetragen wird, ob aus dem Parlament, direkt, per SMS oder Anruf. Es ist mehr als zulässig und es braucht auch die Diskussionen über den richtigen Weg – mehr denn je.

Mir ist eines klar: Nur in gemeinsamer Verantwortung können wir diese Krise bewältigen. Und täuschen wir uns nicht. Der Rest der Welt schaut im Moment auf Deutschland und Bayern und sagt: Gar nicht so schlecht, wie ihr das gemacht habt.

Aber: Wir haben wahrscheinlich noch nicht die Halbzeit erreicht. Und jeder weiß aus anderen Sportarten, dass in der zweiten Halbzeit noch viele Fehler passieren können. Diese möchte ich in Bayern vermeiden.

Deswegen meine Bitte: Lassen Sie uns weiter gemeinsam verantwortungsvoll diskutieren, auch streiten, aber dann klug entscheiden.

Ich wünsche uns gemeinsam viel Erfolg, viel Hoffnung für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch viel Umsicht und Klugheit! Gott schütze unser Land weiter so gut, wie er es bisher getan hat!

 

Quelle: https://www.bayern.de/leben-mit-corona-bayerns-fahrplan-bis-zum-3-mai/